Armut Alleinerziehender überwinden: Was die Schweiz tun muss
- info244941
- 21. Nov. 2021
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Dez. 2021
Um der Armut Alleinerziehender in der Schweiz unmittelbar entgegenzuwirken, sind aus Sicht der Caritas folgende Massnahmen besonders dringlich:

Die Existenzsicherung für Alleinerziehende garantieren
Es braucht dringend die Mankoteilung. Das heisst, wenn nach einer Trennung oder Scheidung kein genügendes Einkommen erzielt wird, um die Kosten zur Existenzsicherung der zwei Haushalte zu decken, wird der Fehlbetrag – das Manko – zwischen den Eltern aufgeteilt. Die heutige Regelung überbürdet das Manko vollumfänglich der alleinerziehenden Person. In der Folge sind zahlreiche Alleinerziehende auf Sozialhilfe angewiesen. Die Teilung des Mankos zwischen den Eltern entlastet alleinerziehende Haushalte und verhindert Armut. Die heute kantonal unterschiedlich geregelte Alimentenbevorschussung muss harmonisiert werden. Sie soll sich einkommensunabhängig, am Bedarf der Kinder orientieren. Der bedarfsgerechte Mindestunterhalt für Kinder ist gesetzlich zu verankern. Um alleinerziehende Familien gezielter zu unterstützen, sind die Kantone aufgefordert, Familienergänzungsleistungen einzuführen. Bei deren Ausgestaltung ist die spezifische Situation armutsbetroffener Alleinerziehender zu berücksichtigen. Alleinerziehende profitieren insbesondere dann, wenn der Bezug von Familienergänzungsleistungen kein Mindesteinkommen voraussetzt und die Kosten für familienergänzende Betreuung in vollem Umfang vergütet werden.
Wirksame Massnahmen in Sozialhilfe und Arbeitslosenversicherung
Die Sozialhilfe ist gehalten, die berufliche Integration Alleinerziehender frühzeitig und sorgfältig zu planen. Dabei gilt es, die hohe Belastung Alleinerziehender durch die Care- Verpflichtungen zu berücksichtigen. Ziel muss sein, die Stellung der Alleinerziehenden auf dem Arbeitsmarkt durch gezielte Weiter- und Nachholbildung nachhaltig zu verbessern. Dies würde auch bei einem eingeschränkten Pensum ein Leben über dem Existenzminimum ermöglichen. Coaching Programme für stellenlose Alleinerziehende müssen in die gleiche Richtung zielen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende sicher stellen
Gefordert ist eine an Care-Verpflichtungen anschlussfähige Arbeitswelt, welche der Prekarisierung der Arbeitsbedingungen entgegenwirkt und Weiterbildung auch für teilzeiterwerbstätige Alleinerziehende ermöglicht. Arbeitsverhältnisse sollen so ausgestaltet werden, dass auch den Vätern erleichtert wird, vermehrt Care-Arbeit zu übernehmen. Die Einführung eines Elternurlaubs ist vor diesem Hintergrund ein wichtiger Schritt. Preisgünstige und erreichbare Angebote der familienexternen Betreuung sind flächendeckend sicherzustellen. Flexiblere Öffnungszeiten von Kindertagesstätten und Tagesschulen tragen zur Entlastung bei. Zudem sollen im Care-Bereich innovative Modelle und Massnahmen als Pilotprojekte geprüft werden, mit besonderem Augenmerk auf: Zeitgutschriften für Grosseltern, die Kinder betreuen; zusätzliche Freitage für Personen, die in ihrem Umfeld Betreuungslücken schliessen; Care-Sabbaticals für besonders betreuungsintensive Phasen (z. B. Vorbezug eines Rentenjahres).
Wohnformen fördern, die sozialen Netze stärken
Generationenübergreifende, genossenschaftliche, preisgünstige Wohnformen ermöglichen es Alleinerziehenden, unterstützende soziale Netze aufzubauen; sie sind gezielt zu fördern. Um ungewollte Wohnungswechsel nach Möglichkeit zu vermeiden, sind die Mietzinsgrenzen in der Sozialhilfe bei Alleinerziehenden flexibel zu handhaben.
In Information investieren und Beratungsangebote gestalten
Armutsbetroffene Alleinerziehende benötigen gezielte Informationen über finanzielle Entlastungsangebote und Beratungsstellen. Insbesondere Unterstützungsangebote im Bereich Erziehungsberatung sind flächendeckend sicherzustellen und niederschwellig zu gestalten.
Chancengerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe
Angebote der familienexternen Betreuung müssen im Sinne einer Ressourcenstärkung der Kinder bildungsorientiert gestaltet sein. Es gilt, die Weiterbildung sowohl für Mitarbeitende von Kindertagesstätten als auch für Tageseltern hinsichtlich Früher Förderung zu systematisieren. Gemeinden sind gefordert, bei Bedarf kostenlose Nachhilfeprogramme und Aufgabenhilfen an Schulen sowie finanzielle Unterstützung bei schulischen Aktivitäten einzuführen. Das Angebot an kostengünstigen Freizeit- und Ferienangeboten für Kinder aus armutsbetroffenen Familien muss ausgebaut werden.
Quelle: Caritas Schweiz. Das Richtige tun.
Comments